Wir fordern weiterhin einen sofortigen Stopp der Verbrennungen 12. Oktober 2018 Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Peter Tertocha in der Ratssitzung am 11.10.2018 zum Tagesordnungspunkt „Verbrennung krebserregender „Ölpellets“ in Scholven“. Es gilt das gesprochene Wort: Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Besuchertribüne, wir reden hier und heute über eine Situation, bei der man teilweise das Gefühl haben könnte, dass alles etwas kompliziert ist und man eine Weile bräuchte, um alle Aspekte zu durchschauen. Ist es aber nicht. Eigentlich kann man den Sachverhalt auch in wenigen Minuten zusammenfassen. Den Beweis möchte ich für die GRÜNE Fraktion jetzt antreten. Im Kraftwerk Scholven werden seit Jahren Ölpellets mit krebserregenden Schwermetallen einfach verbrannt statt sie als Sondermüll in einer entsprechenden Anlage zu verbrennen. Geschätzte Kostenersparnis pro Jahr: mindestens 20 Millionen Euro pro Jahr, Tendenz höher. Diese Verbrennung muss sofort gestoppt werden. Der Appell an die beteiligten Unternehmen ist die eine Hälfte, der andere Teil ist die Frage nach der Reaktion der Stadt Gelsenkirchen, falls die Verbrennung nicht gestoppt wird. Dann erwarten wir umgehend die Überprüfung und die Einleitung rechtlicher Schritte durch die Stadt Gelsenkirchen. Nein, wir müssen da nicht erst mal gucken und das Ganze dann vielleicht noch mal in Ruhe überprüfen und danach eventuell noch mal ganz in Ruhe darüber nachdenken. Nein, Stopp der Verbrennung! Und zwar sofort! Die Minimierung des Krebsrisikos hat Vorrang vor der Gewinnmaximierung! Diese Pellets sind ein Rückstand aus der Schwerölvergasung und sie bleiben dies auch nach einer geschickten Umdeklaration in Petrolkoks. Wir GRÜNEN schließen uns dieser Position des Rechtsexperten für Abfall- und Verwaltungsrecht, Prof. Dr. Martin Führ ohne Wenn und Aber an: Diese Methode ist ein Taschenspielertrick. Ich greife aus Zeitgründen nur zwei Punkte aus der Rechtfertigung der Bezirksregierung heraus: 1) „Diese Ölpellets werden gezielt für den Einsatz im Kraftwerk Scholven hergestellt …“ Was soll das? Die Pellets sind für uns GRÜNE auch weiterhin ein giftiger Rückstand, sie werden nicht gezielt hergestellt. 2) „Ölpellets, die zielgerichtet hergestellt werden und die genehmigten Ersatzbrennstoffkriterien erfüllen, sind Nebenprodukte …“ Dass sie nach unserer Auffassung nicht zielgerichtet hergestellt werden, habe ich gerade bereits erwähnt. Und Nebenprodukte sind sie nur, wenn sie die Kriterien des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erfüllen. Das Ganze scheitert für die GRÜNE Fraktion bereits am ersten Kriterium, dass die vollständige Weiterverwendung ohne zu beseitigenden Ausschuss verlangt. Ich zitiere dazu aus der Stellungnahme der Bezirksregierung: „Ob spezifikationsgerecht hergestellte Ölpellets einer Registrierung nach dem europäischen Chemikalienrecht bedürfen, wurde 2010 geprüft. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Einstufung der BP/Ruhr Oel GmbH in ihrer Verantwortung als Hersteller als „Petrolkoks (Rußgranulat)“ auf Basis der damals vorliegenden Informationen nicht zu beanstanden war.“ Was heißt das? Zunächst mal, dass die Einstufung von BP/Ruhr Oel vorgenommen wurde. Und anschließend fragt man sich, was denn in diesem Zusammenhang „auf Basis der damals vorliegenden Informationen“ bedeutet? Wie ist das denn heute zu beurteilen? Was hat das Gesundheitsreferat der Stadt Gelsenkirchen damals dazu geschrieben? Ich zitiere auch mal aus der damaligen Stellungnahme: „Nach den Unterlagen belegen die Erfahrungen aus dem bisherigen Einsatz von Ölpellets am o. g. Standort, dass aller Voraussicht nach keine erheblich nachteiligen Auswirkungen z. B. auf gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu besorgen sind.“ Sehr schönes Verwaltungsdeutsch: Aller Voraussicht nach – keine erheblich nachteiligen Auswirkungen – die Erfahrungen belegen dies – geht’s denn noch schwammiger? Welches Zwischenfazit ziehen wir an dieser Stelle? Die Genehmigung der Bezirksregierung muss wegen der offensichtlichen Widersprüche überprüft werden. Wir GRÜNEN verlangen, dass diese Überprüfung von externen Gutachtern und nicht allein von der Bezirksregierung vorgenommen wird. Aber zuerst wird die Verbrennung gestoppt. Erstaunt haben wir auch zur Kenntnis genommen, dass unser Antrag für ein Rederecht für den Rechtsanwalt Johannes Dilling, der eine Stellungnahme mit einer anderen Sichtweise an die Bezirksregierung gesandt, gestern im Umweltausschuss abgelehnt wurde. Mit der Begründung der Befangenheit! Also mal ernsthaft. Wenn hier jemand befangen ist, dann sind es unserer Meinung nach BP, Uniper und die Bezirksregierung. An dieser Stelle ist es wohl auch angebracht zu erwähnen, dass wir GRÜNEN mittlerweile Strafanzeige gestellt haben. Und um noch eine Sache klarzustellen: Selbst wenn bei der Verbrennung der Pellets die Grenzwerte eingehalten werden, lehnen wir GRÜNEN diese Verbrennung ab. Wir halten sie für rechtswidrig. Für krebserregende Stoffe wie z.B. Nickel oder Vanadium gibt es keine Toleranzwerte. Jede zusätzliche Belastung ist ein zusätzliches Risiko, erst recht in einer stark belasteten Region wie dem Ruhrgebiet. Und da unterschieden wir uns offensichtlich radikal von anderen Akteuren in der Stadt Gelsenkirchen, die BP an anderer Stelle mit Samthandschuhen angefasst haben. Ich möchte daran erinnern, dass der Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen im Oktober 2016 in einem anderen Zusammenhang einen Brandbrief an den damaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel geschickt hat, in dem er sich gegen die Bestrebungen des Bundes-Umweltministeriums, die europäischen Vorgaben für Emissionsgrenzwerte in deutschen Raffinerien um bis zu 50 Prozent zu verschärfen, aussprach. Aus Kostengründen, zur Vermeidung erheblicher Standortnachteile von BP und der Befürchtung, dass der industrielle Kern Gelsenkirchens weiter geschwächt werden könnte. Und der Gelsenkirchener CDU-Bundestagsabgeordnete Oliver Wittke stimmte ihm damals kopfnickend sofort zu und versprach Unterstützung für diese absurde Position. Zurück zur Ölpellets-Verbrennung. Ich fasse die Forderungen GRÜNEN Fraktion abschließend noch einmal kurz und knapp zusammen: 1) Sofortiger Stopp der Verbrennung, 2) Entsorgung der Ölpellets in speziellen Verbrennungsanlagen, 3) Beauftragung externer Gutachter, 4) Umgehende Klärung der Verantwortungen von BP, Uniper und Bezirksregierung, 5) Überprüfung und Einleitung rechtlicher Schritte, wenn die Verbrennung nicht gestoppt wird, 6) Klärung von Schadenersatzansprüchen.