Fragen und Antworten zum Bürgerhaushalt 13. Februar 2017 Momentan wird über den Bürgerhaushalt diskutiert. Neben dem normalen Haushalt wurden in den letzten Jahren Bürgeranregungen im Form eines separaten Bürgerhaushaltes gestellt und abgestimmt. Die SPD will den Bürgerhaushalt in dieser Form abschaffen, was wir problematisch finden. Peter Tertocha mit einigen Antworten auf Fragen zum Bürgerhaushalt. (Antworten durch Klick auf die Fragen) Die GRÜNEN haben den Bürgerhaushalt initiiert. Was war die Motivation? Der Bürgerhaushalt ist für uns ein Instrument der Bürgerbeteiligung, mit dem man sehr gut die Möglichkeit schafft, dass die Bürgerinnen und Bürger leichter ihre eigenen Ideen und Vorschläge, was in Gelsenkirchen verändert werden sollte, einbringen können. Warum reicht es denn nicht aus, wenn die Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen bei Stadtverordneten vorbringen? Warum sollte dieser indirekte Weg ein besserer Lösungsansatz sein? Die Bürgerinnen und Bürger können und sollten ihre Vorschläge selbst einbringen können, weil sie z. B. ein konkretes Problem vor Ort oder eine Idee für ein Projekt oder eine Verbesserung selbst am besten beschreiben können. Der klassische Ansatz, bei dem eine Stadtverwaltung plant und vorschlägt und die Politik entscheidet, ist in vielen Fällen überholt. Oder um es mit den Worten des früheren schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme zu sagen: „Es ist eine Irrlehre, dass es Fragen gibt, die für normale Menschen zu groß oder zu kompliziert sind. Akzeptiert man einen solchen Gedanken, so hat man einen ersten Schritt in Richtung Technokratie, Expertenherrschaft, Oligarchie getan.“ Nun wird gesagt, dass es kein Interesse an einem Bürgerhaushalt gäbe. Kaum jemand nehme daran teil. Zudem seien die meisten Anträge nichts neues oder nicht 'haushaltsrelevant'. Muss dann nicht gelten 'Wer nicht will, der hat schon?' Ich finde die Gesamtanzahl der Vorschläge aus der Bevölkerung nicht niedrig. In den letzten Jahren lag die Anzahl jeweils zwischen 200 und 500 Vorschlägen pro Jahr. Und bis auf einmal war diese Anzahl jedes Jahr größer als die Summe aller Vorschläge von allen Parteien bei den jährlichen städtischen Haushaltsberatungen. Bei den Anträgen der Fraktionen wird doch auch kein quantitativer Maßstab angelegt! Und die Argumente „Nichts neues“ und „nicht haushaltsrelevant“ treffen in mindestens genau so großem Maße auf die Anträge aus der Politik zu. In anderen Städten läuft der Bürgerhaushalt schon länger und auch erfolgreich. Was machen die anders? Andere Städte wie zum Beispiel Köln oder Potsdam haben den Bürgerhaushalt in den letzten Jahren weiterentwickelt. In Potsdam werden für die 20 Anträge, die bei der Abstimmung der Einwohner die höchste Zustimmung erfahren haben, Sitzungsvorlagen erstellt, die wie jede andere Sitzungsvorlage der Stadtverwaltung durch alle betroffenen Fachausschüsse und den Rat der Stadt laufen. Das Abstimmungsverhalten und die Begründungen sind sofort im Internet für jeden einsehbar und damit vollständig transparent. In Köln werden die Vorschläge nach Bezirken aufgeteilt und für jeden Bezirk steht ein festes Budget zur Umsetzung zur Verfügung. Bei dieser Vorgehensweise entfällt das Argument „Guter und sinnvoller Vorschlag, aber es ist kein Geld da.“. Wie erfolgreich ein Bürgerhaushalt sein kann, zeigt auch Stuttgart. Alle Zahlen haben sich dort in den letzten Jahren vervierfacht. 38.000 Teilnehmer, 3700 Vorschläge und 1,2 Millionen Bewertungen sprechen eine deutliche Sprache. Darf sich eine arme Stadt wie Gelsenkirchen denn die Kosten für einen Bürgerhaushalt überhaupt leisten? Demokratie kostet Geld, das ist doch klar. Gibt die Stadt Gelsenkirchen wirklich zuviel Geld für den Bürgerhaushalt aus? Ganz klares Nein! Es ist in meinen Augen nicht seriös, dass SPD und Stadtkämmerei alle Personalkosten für die Bearbeitung der Anträge und Beratungen einrechnen wollen, das wird an anderer Stelle auch nicht gemacht. Durch dieses Vorgehen kommt man dann plötzlich auf 200.000 Euro pro Jahr kommt, so kann man natürlich alles kaputtrechnen. Bei einer sauberen Berechnung bleiben pro Jahr 46.000 Euro an Sachkosten und ca. 30.000 Euro für Personalkosten, die in direktem Zusammenhang mit dem Bürgerhaushalt entstehen. Und dieses Geld ist uns ein Bürgerhaushalt auf jeden Fall wert. Die SPD schlägt ja stattdessen Bürgerversammlungen in den Bezirken vor. Ist das nicht besser, wenn man so Wünsche von Bürgerinnen und Bürgern aufnimmt? Der SPD-„Vorschlag“ entspricht dem bereits angesprochenen klassischen Denken. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen sich letztendlich wie bisher an die Kommunalpolitiker wenden. Das ist überhaupt nichts Neues. Ob dann darüber in politischen Gremien diskutiert und entschieden wird, entscheiden bei dieser Vorgehensweise wieder nur die Kommunalpolitiker. Also keine nennenswerte Veränderung. Welcher Vorschlag hat dich bis jetzt am meisten beeindruckt? Manchmal sind es gar nicht die „großen“ Anträge, die positiv in Erinnerung bleiben. Beim letzten Bürgerhaushalt gab es unter der laufenden Nummer 146 einen Antrag, das Sackgassenschild an der Eschfeldstraße in Buer um ein paar Meter zu versetzen. Dadurch ließen sich brenzlige Verkehrssituationen vermeiden, weil Ortsunkundige statt auf die A2 immer wieder versehentlich falsch abbiegen. Der Vorschlag war offensichtlich so gut, dass er sofort und ohne jede politische Diskussion umgesetzt wurde.