Leider kein Zeichen der Solidarität aus Gelsenkirchen

Rede unserer Stadtverordneten Ilayda Bostancieri

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen und Gruppen,

Mir ist sehr bewusst, dass wir als Gelsenkirchener*innen und als kommunales Gremium weder die Befugnis, noch die Mittel haben eigenständig die Evakuierung aus Afghanistan wieder aufzunehmen. Und natürlich können wir auch nicht alle bedrohten Personen in Gelsenkirchen unterbringen. Aber wir haben Platz.

Es geht darum als Kommune Druck in Richtung Bund und Land zu machen. Zu verlangen, dass sie ihre Fehler wiedergutmachen. Es geht darum, den in unserer Stadt lebenden Afghan*innen, den Menschen, die dort noch Familie, Freund*innen und Kolleg*innen haben, die nicht fliehen können, ein Signal der Solidarität zu senden und zu zeigen, dass unsere Stadt hinter ihnen steht. Und es geht darum zu sagen:

Liebe Bundesregierung, wenn ihr euren Job macht und die Menschen, die Jahrelang

für euch gearbeitet haben, die sich für ein demokratisches Afghanistan eingesetzt haben, die Menschen, die lange für unsere Bundeswehr gearbeitet haben, auch die, die über Subunternehmen angestellt waren, die Frauenrechtsaktivist*innen, Journalist*innen und Künstler*innen evakuiert, die grade in akuter Lebensgefahr schweben, dann sind wir als Kommune bereit, mehr als die 24 Menschen aufzunehmen, die uns zugewiesen wurden.

Die Situation in Afghanistan wird uns allen bewusst sein, die schrecklichen Bilder werden sich bei vielen hier eingebrannt haben. Die Bundeswehr und die US-Truppen sind abgezogen, ohne große Warnung, obwohl auf verschiedensten Ebenen seit über 10 Jahren eine ordentliche Exitstrategie gefordert wurde. Und wir haben massenweise Unterstützer*innen ohne Schutz zurückgelassen.

Wir können mehr! Deutschland kann mehr, Gelsenkirchen auch.

Und, wie zu Beginn gesagt, wir haben Platz. Wir können mehr als die geplanten 24 Geflüchteten aufnehmen. Genau gesagt haben wir aktuell 353 freie Plätze in unseren Flüchtlingsunterkünften. Wir haben die Strukturen in der Verwaltung. Wir haben die Unterstützung von Wohlfahrtsverbänden und großen Teilen der Zivilgesellschaft, um anstehende Integrationsprozesse zu begleiten. Wenn wir wollen, können wir das schaffen.

Natürlich können wir das alles aber nur bewältigen, wenn wir finanzielle Unterstützung von den verantwortlichen Stellen bekommen.

Und, ich wiederhole mich, aber ich möchte niemandem die Möglichkeit geben mich falsch zu verstehen: das, was wir als Rat der Stadt Gelsenkirchen mit dieser Resolution tun können, ist ein deutliches, solidarisches Zeichen zu setzen und als Kommune, hoffentlich mit vielen anderen Kommunen zusammen, die Bundes- und Landesregierung aufzufordern zu agieren. Denn wenn die Menschen nicht evakuiert werden, wenn die Menschen nicht kommen können, können wir sie natürlich auch nicht aufnehmen. Und mich persönlich macht das verdammt wütend und traurig, dass wir nicht größere Handlungsoptionen haben. Umso wichtiger ist es, das uns Mögliche auszuschöpfen.

Ich gehe hier, hoffentlich nicht komplett naiv, von der Unterstützung der demokratischen Fraktionen und Ratsgruppen aus. Ich appelliere an Menschlichkeit jeder und jedes einzelnen Stadtverordneten links der AfD und bitte Sie, unsere Resolution zu unterstützen.