Rede von Ingrid Wüllscheidt zu den neuen Richtlinien für den Beirat für Menschen mit Behinderung 16. Februar 2017 [Rede] Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, „Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach“ – und damit ist dann auch schon gesagt, warum wir GRÜNEN der heutigen Vorlage zu den überarbeiteten Richtlinien des Beirates für Menschen mit Behinderungen zustimmen werden. Seit dem Sommer 2013 gibt es in Gelsenkirchen eine bürgerschaftliche Bewegung, die sich dem Inklusionsgedanken verschrieben hat. In großen Foren und vor allem auch in regelmäßig tagenden Arbeitsgruppen haben sich Menschen ehrenamtlich engagiert und tun dies auch heute noch. Eine dieser AGs hat sich mit dem Thema der politischen Partizipation von Behinderten befasst. Ein Mehr an Teilhabe für den Beirat für Menschen mit Behinderungen (BMB) zu erreichen war eines der anvisierten Ziele! In der AG, in der auch ich von Beginn an mitgearbeitet habe, entwickelte sich eine konstruktive Zusammenarbeit von Behindertenverbänden, kommunalen Sozialpolitiker/innen und den jeweiligen Behindertenbeauftragten der Stadt Gelsenkirchen (zuerst mit Herrn Dr. Reckert, dann mit Frau Rumpf-Starke und jetzt mit Herrn Leberl). Die intensive Arbeit endete mit einem Vorschlag für eine überarbeitete BMB-Richtlinie. Dieser Vorschlag wurde am 15.10.2015 final (d.h. auch mit dem Rechtsamt der Stadt) abgestimmt. Das heißt: alle rechtlichen Bedenken waren ausgeräumt. Jetzt fehlte natürlich noch der politische Beschluss. Deshalb sollte der Entwurf nun umgehend in die politische Beratung eingebracht werden. Ich betone das Wort „sollte“. Denn dann passierte sage und schreibe ein Jahr lang überhaupt nichts mehr! Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, welche Auswirkungen ein solches Aussitzen von politischen Entscheidungen auf die Motivation bürgerschaftlich engagierter Menschen hat. „Wofür machen wir das eigentlich, wenn unsere Anliegen, die viele Stunden ehrenamtliches Engagement enthalten, offensichtlich in der untersten Schublade der Verwaltungsspitze verschwinden?“; eine Frage, die mir in diesem Jahr dann häufiger begegnet ist. Erst auf Antrag unserer Fraktion wurde diese Verhinderungspolitik durchbrochen; das Thema BMB-Richtlinie stand dann am 02.11.2016 wieder auf der Agenda des Sozialausschusses und des BMB. Wer aber denkt, dass jetzt der abgestimmte Richtlinienentwurf der Arbeitsgruppe zur politischen Beratung vorgelegt wurde, der irrt. Er wurde noch nicht einmal als Alternative zur nun vorliegenden Verwaltungsvorlage an die Mitglieder von BMB und ASA versandt. Die Verwaltungsspitze hatte entscheiden, was die Politik abzustimmen hat und was nicht! Der Vorschlag der AG blieb jedenfalls in der untersten Schublade liegen! Zudem war die Verwaltungsvorlage durch den Versuch gekennzeichnet, das gesamte Anliegen der verbesserten Teilhabe von Behinderten an der kommunalen politischen Gestaltung mit zum Teil hanebüchenen Argumenten abzuschmettern. Diese Argumente gipfelten in der mündlichen Aussage, die vorgeschlagenen Richtlinien bevorzugen Behinderte unverhältnismäßig, wollen ihnen Rechte einräumen, die noch nicht einmal dem OB zuständen. Und das ginge natürlich gar nicht! An dieser Stelle gilt unser ausdrücklicher Dank dem neuen Vorstand im Bereich Soziales, Herrn Wolterhoff. Er hat die unsägliche Verwaltungsvorlage noch in der gemeinsamen Sitzung von ASA und BMB zurückgezogen, hat die handelnden Personen an einen Tisch geholt und nach einer konstruktiven Lösung gesucht. So ist die heutige Vorlage entstanden und hat als abgestimmter Kompromiss ja auch die jeweils einstimmige Zustimmung von BMB und ASA gefunden. Gut so! So stellen wir uns das Ernstnehmen des Inklusionsgedanken vor. Nicht auszudenken, was die Alternative hätte sein können. In meiner Fantasie sehe ich eine fest verschlossene unterste Schublade mit der Bezeichnung „mehr Demokratie wagen“. Dort liegt ein Richtlinienentwurf für den BMB direkt unter der Mappe „Bürgerhaushalt“!