Bäderstandorte bleiben erhalten! 12. Oktober 2018 Rede unseres stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Burkhard Wüllscheidt in der Ratssitzung am 11.10.2018 zum Tagesordnungspunkt “Entwicklung eines Zukunftsmodells für die Bäder in Gelsenkirchen”. Es gilt das gesprochene Wort: Herr Oberbürgermeister, meine Kolleginnen und Kollegen im Rat, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Selten hat eine Diskussion um die Zukunftsgestaltung unserer Stadt zu intensiveren Diskussionen in der Stadtpolitik, in den Medien und Social Media sowie vor allem direkt in der Bürgerschaft geführt wie das Thema der Zukunft unserer Bäder. Warum war und ist das so? 1.) Das Thema ist ein emotionales Thema, das bei jeder Bürgerin, bei jedem Bürger zumindest Erinnerungen an eigene ganz persönliche Erfahrungen und Erlebnisse weckt. Und diese Erinnerungen sind mit Orten verbunden: Ich sage nur beispielhaft: Grimbad – Sportparadies – Zentralbad – Jahnbad. 2.) Das Thema berührt altersübergreifend: Kinder wollen oder sollen schwimmen lernen. Jugendliche wollen attraktive Freizeit- und Sportmöglichkeiten. Erwachsene und Eltern auch, vor allem wenn sie Kinder und Enkel haben. Und ältere Mitbürger- und Mitbürgerinnen wollen gute und nahe Schwimmangebote für ihre Gesundheit. 3.) Das Thema ist ein Zukunftsthema für mehrere Generationen: gute Bäder werden nicht nur für 10 Jahre gebaut sondern für mehrere Generationen. Seit 2015 haben wir diese herausragende Debatte mit sehr konträren Positionen und manchen Verirrungen (Caubstraße). Auf der einen Seite: Schließung von Standorten mit der Hauptbegründung der wirtschaftlichen und finanziellen Belastungen der Stadtwerke als Betreibergesellschaft mit sinkenden Umsätzen aus den Energienetzen. (SPD und auch Gelsensport-Funktionäre) Auf der anderen Seite: Erhalt und Weiterentwicklung der vorhandenen Standorte, lokal gut verteilt und tief verankert in der Bürgerschaft, Daseinsvorsorge und Infrastrukturentwicklung für Generationen! Das Letztere war Position der Grünen von Anfang an nicht nur hinter den verschlossenen Türen des Aufsichtsrates der Stadtwerke! CDU und die meisten anderen Fraktionen, Gruppen und Einzelmandatsträger im Rat haben sich dem angeschlossen. Die Mehrheitsfraktion SPD aber eben nicht. Kein Wunder, dass schnell über einen Bürgerentscheid nachgedacht und dieser auch von uns gefordert wurde. Das war die Gemengelage, die Ende 2016 endlich etwas Bewegung in die ziemlich festgefahrene Diskussion brachte: einstimmiger Ratsbeschluss für eine ergebnisoffene Prüfung auf Grundlage einer Machbarkeitsstudie auch zur Bewertung der diskutierten Zukunftsmodelle. Ich muss zugeben, wir waren sehr skeptisch und auch misstrauisch bezüglich der tatsächlichen Ergebnisoffenheit. Wir hatten manch hitzige Debatte in einer Arbeitsgruppe mit der Verwaltung auf der Arbeitsebene unter Beteiligung aller politischen Fraktionen und Gruppierungen im Rat. Bei Ihnen, Herr Rostek, als Koordinator auf der Verwaltungsseite, möchte ich mich an dieser Stelle auch noch einmal persönlich für diese sicher oft auch kontroverse aber engagierte und faire Zusammenarbeit bedanken. Der Kern dieser ergebnisoffenen Prüfung sollte die Machbarkeitsstudie werden. Das im Frühsommer vorgelegte priorisierte Ergebnis des Gutachters hat uns und nicht nur uns dann doch einigermaßen irritiert: Bau eines großen zentralen Bades entweder im Berger Feld oder im Revierpark mit einer hochpreisigen Edelsauna. Schließung der Standorte Zentralbad und Hallenbad Horst. Der Gutachter hat dann noch eine 1b-Lösung halbherzig dargestellt, das noch ein zusätzliches nichtöffentliches Hallenbad im Süden der Stadt nur für das Schul- und Vereinsschwimmen vorsah. Für uns hat das den Verlauf der Diskussion seit Dezember 2016 mehr als konterkariert. Wir wollten es daher wissen: Gibt es noch eine Chance für den Erhalt der bisherigen 4 Hallenbad-Standorte einschließlich Sportparadies neben dem Jahnbad und dem RVR-Revierpark-Freibad? Also haben wir kurz vor der Sommerpause SPD und CDU zu vertraulichen Gesprächen eingeladen. Und sie verliefen tatsächlich vertraulich und überraschend konstruktiv. Der Sommer 2018 brachte dadurch wirklich nach nur drei Gesprächen eine „Bäderwende“ für Gelsenkirchen! Ich scheue mich nicht davor, insbesondere der SPD unseren Respekt auszusprechen. Denn die SPD musste sich am meisten bewegen und sie hat sich am meisten bewegt. Wenn auch nach der Einigung manche -aus unserer Sicht unnötige -Verlautbarungen der SPD zum Thema wer hat was durchgesetzt eher wieder Verwunderung als weiteren Respekt bei uns ausgelöst haben. Eigentlich schade, denn für uns ist die Einigung, die „Bäderwende“, ein hervorragendes Beispiel für gelebte Partizipation und demokratische Kommunalpolitik von BürgerInnen, Medien, Institutionen, Vereinen, Parteien, Fraktionen und Verwaltung. Ein Beispiel wie es geht und öfters gehen sollte: Gegen alle rechtspopulistischen und rechtsextremen Tendenzen. Ein Beispiel, das zeigt, dass in solchen Klärungs- und Entscheidungsprozessen von Ihnen Herr Jansen, Herr Dillmann, Herr Preuß und Herr Hauer von der AfD und Co. kein Wort, kein Beitrag zu hören, kein Papier zu lesen war. Ich hoffe, dass Ihre Nicht-Rolle in der Bäderdebatte ebenfalls öffentlich so wahrgenommen wird. Genauso wie das eigentliche Ergebnis der Diskussion um die Zukunft der Bäder in Gelsenkirchen: 1. Bau eines „neuen Sportparadieses“ als kombiniertes Hallen- und Freibad mit 50m-Hallenbecken, Außenbecken und Sprungtermin als Familien- und Erlebnisbad. 2. Bau eines neuen öffentlichen Hallenbades neben dem bisherigen Zentralbad (zunächst noch auf Wunsch der SPD vorbehaltlich der Prüfung einer Option am Standort Revierpark-Freibad). 3. Erhalt und Sanierung des Hallenbades in Horst. 4. Weiterführung des historischen und bereits sanierten Hallenbades in Buer. 5. Fortführung des Jahnbades. Ein Wort zum Schluss zum Finanzierungsvorbehalt unter Punkt 6 der Beschlussvorlage: Auch wir wissen, dass die Investitionen für die Umsetzung eines solchen Bäderkonzeptes viel Geld kosten, die Betriebskosten nicht uferlos steigen dürfen und die Stadtwerke nicht wirtschaftlich überfordert werden dürfen. Bäder gehören zur Daseinsvorsorge und notwendigen Infrastruktur einer Stadt wie Gelsenkirchen. Die Stadt selber hat daher die Letztverantwortung auch für eine gesicherte Finanzierung. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil die Stadtwerke aus unserer Sicht richtigerweise trotz ihrer gesunkenen aber immer noch vorhandenen wirtschaftlichen Möglichkeiten weiterhin Betreibergesellschaft bleiben soll. Die Finanzierungs- und Betriebskostensicherung muss dabei aus unserer Sicht insbesondere über 5 Hebel erreicht werden: 1. Gestaltung eines Zeitplanes zur Umsetzung (sicherlich 6-8 Jahre). 2. Verteilung der Investitionskosten über diesen Zeitraum. 3. Nutzung von Förderprogrammen von Bund und Land. 4. Übernahme der tatsächlichen (höheren) Kosten der Pflichtaufgaben Schulschwimmen und Vereinsschwimmsport über den städtischen Haushalt. 5. Umsetzung energetisch optimierter Baukonzepte und von sinnvollen Betriebskonzepten zur Optimierung der Betriebskosten. Fünf Hebel – damit der Finanzierungsvorbehalt nicht zu einem Verhinderungsvorbehalt bei der tatsächlichen Umsetzung des Bäderkonzeptes wird! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.