Rede zur Schule 2020 – David Fischer

[Rede]

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, für die ich hier spreche, begrüßt nach wie vor die Förderung aus dem Landesprogramm „Schule 2020“ in Höhe von nahezu 50 Mio. Euro für die Stadt Gelsenkirchen ausdrücklich. Das hatte Herr Wüllscheidt für die Grünen bereits in seiner Anfrage aus der vorletzten Ratssitzung deutlich werden lassen.

Die von der Verwaltung am Montag, den 14. November, zugegangene und heute abzustimmende Vorlage allerdings kann von den Grünen nur als „Schnellschuss“ oder auch als „Schuss in den Ofen“ bezeichnet werden.

Zwar haben wir Verständnis für die Eilbedürftigkeit und die knapp bemessene Zeit zur Erstellung der Verwaltungsvorlage. Die Art und Weise der Kommunikation über deren Inhalte und die Einbringung in den Ausschuss für Bildung sowie in den Rat der Stadt Gelsenkirchen allerdings, lassen für uns stark zu wünschen übrig:

Wenn nämlich in der Stellungnahme der Verwaltung zum Prüfauftrag der SPD-Fraktion „Gute Grundschule 2020“ am Freitag, den 11. November noch geschrieben wird, dass „derzeit noch geprüft werde, welche Maßnahmen durchgeführt werden können“; am Montag darauf, am 14. November, von der Verwaltung dann aber plötzlich eine vollständige Verwaltungsvorlage, inklusive eines Konzeptes zur Verwendung der Mittel präsentiert wird, muss man annehmen, dass in der Verwaltung übers Wochenende Heinzelmännchen arbeiten oder aber die Adressaten der Stellungnahmen des Haushaltes, nämlich wir, bewusst nicht rechtzeitig über den tatsächlichen Bearbeitungsstand informiert worden sind.

Noch unverständlicher wird das Ganze, wenn die Verwaltung in der Stellungnahme zum nächsten Prüfauftrag der SPD-Fraktion „Initiative Digitales Lernen“ schreibt, dass „die sukzessive Ausweitung der Ausstattung mit interaktiver Technik vorgesehen“ ist, aber die „Durchführung einer Bedarfsanalyse und insbesondere die Benennung der notwendigen Investitionen je Standort … kurzfristig nicht zu realisieren ist.“

Zwei Tage später ist aber scheinbar durch Wochenendschichtbetrieb in der Verwaltung wie durch ein Wunder klar, wie über 12 Mio. Euro an digitalen Schulinvestitionen verpulvert werden.

Dass wir GRÜNEN dann in Anbetracht der Kurzfristigkeit der Vorlage dieses Papiers, drei Tage später im Ausschuss für Bildung, dem federführenden Vorberatungsgremium, dann das Durchlaufen der Vorlage zur Abstimmung im Rat der Stadt Gelsenkirchen beantragen, stößt zu unserer großen Verwunderung bei der CDU-Fraktion und insbesondere bei Ihnen, Herr Hermanndung, auf absolutes Unverständnis und wird dann doch ausnahmsweise – auf richterliches Gnadenbrot von Ihnen hin – mitgetragen.

Braucht die CDU für ein solch großes Investitionsvolumen keine Beratung in ihrer Ratsfraktion? Als Jurist, Herr Hermanndung wissen Sie, das die Schenkung ein mehrseitiges, aber einseitig verpflichtendes, Rechtsgeschäft ist. Bevor man das Geschenk, welches man besonders gerne gerade zur Weihnachtszeit bekommt, allerdings annimmt, sollte man dies zunächst öffnen und schauen, was drin ist.

Genau das haben wir GRÜNEN getan:

Und was wir zunächst in Paket 1 der Verwaltung zum Thema Digitalisierungsmaßnahmen gefunden haben, lässt uns eher zu dem Schluss kommen, das Geschenk wegen Sachmangels zu reklamieren.

Irritierend ist bei Paket 1 zunächst die Tatsache, dass die Verwaltung in ihrer Haushaltsstellungnahme zum SPD-Prüfauftrag vorher noch proklamiert, das eine notwendige Bedarfsanalyse bzgl. der infrage kommenden Empfänger digitaler Ausstattungen nicht kurzfristig realisierbar sei.

Keine zwei Tage später allerdings werden eine Liste im uns vorliegenden Verwaltungskonzept präsentiert und konkrete Schulen benannt, die vollständig mit digitalen Whiteboards ausgestattet werden.

Alle schreien HURRA, denn einem geschenkten Gaul soll man ja nicht ins Maul schauen.

Wir Grünen tun das trotzdem und stellen zunächst fest, dass die ausschließliche Auswahl von Grundschulen in dieser Liste so ziemlich genau dem Prüfauftrag unserer Mehrheitsfraktion, der SPD, entspricht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Brav gebrüllt Löwe, mögen so manche der Verwaltung entgegenrufen, insbesondere die Dompteure aus der SPD.

Interessanterweise hat Herr Sowa von der Verwaltung auf meine Nachfrage im Ausschuss für Bildung sofort versichert, dass die in der Liste stehenden Grundschulen schon seit längerem Bedarf angemeldet hätten.

Getreu nach dem Motto: Eine starke Behauptung ersetzt einen schwachen Beweis.

Angeblich ist eine Bedarfsanalyse kurzfristig nicht möglich, eine Konkretisierung aus dem magischen Zylinderhut aber offensichtlich doch.

Liebe Damen und Herren aus der Verwaltung, so einfach machen wir GRÜNEN uns das an dieser Stelle nicht!

Zuvorderst sind Sie uns einen Beleg über entsprechende Schulkonferenzbeschlüsse und vor allem über vorhandene Medienkonzepte der ausgewählten Schulen schuldig.

Deshalb stelle ich nun auch einmal eine starke Behauptung auf: Diese existieren gar nicht!

In Ihrer eigenen Verwaltungsvorlage werden entsprechende Schulkonferenzbeschlüsse jedoch als Voraussetzung genannt und in der aktuellen Beilage des Amtsblattes unseres Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW wird sehr dezidiert auf die Förderungsvoraussetzung entsprechender Medienkonzepte an den auszustattenden Schulen abgehoben.

Eine Lektüre, die ich der Verwaltung sehr empfehle. Von einem Schnellschuss sprechen wir GRÜNEN hier auch deshalb, weil nicht nur Grundschulen von der Digitalisierungsoffensive des Landes profitieren wollen und sollen.

Alle anderen Schulformen in Gelsenkirchen werden bei der Verteilung der über 12 Mio. Euro für das Weihnachtspaket 1 der Verwaltung sträflich vernachlässigt.

Aber eine ordentliche Bedarfsanalyse ist sicherlich aufwändiger als einfach den politischen Willen der Mehrheitsfraktion in Gelsenkirchen, unserer allmächtigen SPD, auf so triviale Weise zu erfüllen!

Im Übrigen müssen sich zuerst die Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen sicher sein, dass Sie ihren täglichen Unterricht mit diesen neuen Kommunikationstechnologien gestalten können und wollen, bevor – wie nach dem letzten Investitionspaket des Bundes, dem Konjunkturpaket 2 – viele der damals angeschafften digitalen Whiteboards in den Schulen ungenutzt verstauben und sich als Fehlinvestition herausstellen.

Kommen wir in der Zielgeraden nun zum Inhalt des Geschenkpaketes 2 der Verwaltungsvorlage, den Investitionen in Schulinfrastrukturmaßnahmen. Die übrigen rund 37 Mio. Euro aus dem Landesprogramm sollen ausschließlich in kleinere Investitionsmaßnahmen fließen.

Gegen kleinere sinnvolle Investitionen in Differenzierungsräume, Schultoiletten oder Außenanlagen ist auch aus unserer Sicht nichts einzuwenden.

Allerdings stellen sowohl GRÜNE als auch SPD nahezu gleiche Prüfaufträge für den Haushalt zur Stärkung des Gesamtschulangebotes in Gelsenkirchen, wohlwissend, dass wir Jahr für Jahr mehrere hundert Anmeldeüberhänge an den Gesamtschulen haben.

Mit einer kategorischen Selbstverständlichkeit, ohne die gestellten Prüfaufträge der politischen Mehrheit in Gelsenkirchen zu berücksichtigen, werden größere Investitionsprojekte vom Tisch gewischt.

Die Schulkonferenz der Gertrud-Bäumer-Realschule beispielsweise, wartet nach zwei Jahren immer noch auf ein Signal der Stadt, wann die bereits lange beschlossene Umwandlung zur Gesamtschule nun endlich umgesetzt wird.

Eine nachvollziehbare Begründung für die Ablehnung größerer Schulbauprojekte in Gelsenkirchen wird mit dem üblichen Personalmangelargument der Verwaltung faktisch gar nicht gegeben. Mit einem Sachstandsbericht zu den Konsequenzen des allgegenwärtigen Personalmangels im Ausschuss für Bildung, sind wir von der Verwaltung mal wieder vertröstet worden. Machen Sie bitte Ihre Hausaufgaben bis zur nächsten Ausschusssitzung!

Mit einer solch schlechten Investitionskonzeption bekommen Sie von den GRÜNEN Stadtverordneten kein HURRA sondern allenfalls ein Nachsitzen aufgetragen. Deshalb werden wir dieser Vorlage auch nicht zustimmen.

Frau Raudies hat in der WAZ ein Fleißkärtchen für die schnelle Erstellung dieser Vorlage an die Verwaltung verteilt.

Von den GRÜNEN bekommt die Verwaltung für die sogenannte Kopfnote in Fleiß ein Befriedigend, im Inhalt und Ausdruck, meine Damen und Herren, ein glattes Mangelhaft.