Resolution „Vollständige Erstattung aller Kosten für Geflüchtete durch das Land“

Peter Tertocha

Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Peter Tertocha zum TOP 1.1 „Vollständige Erstattung aller Kosten für Geflüchtete durch das Land“ in der Ratssitzung am 13.02.2020.
Es gilt das gesprochene Wort:

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

die GRÜNE Fraktion teilt uneingeschränkt die Aussagen aus der Resolution, dass die Stadt Gelsenkirchen mit einer doppelten Integrationsaufgabe konfrontiert ist. Die Unterbringung, Versorgung und Integration von geflüchteten Menschen und die Zuwanderung von Menschen aus Südosteuropa kann die Stadt nur erfüllen, wenn Bund und Land auch die Kosten für diese Aufgaben übernehmen.

Dies ist für uns GRÜNE eine Selbstverständlichkeit, wir stellen aber fest, dass es bei der konkreten Umsetzung auf allen Ebenen regelmäßig viele schöne Worte gibt und in dem Moment, wo es um das liebe Geld geht, das Zögern und Zurückrudern anfängt.

Integration ist eine Aufgabe von uns allen. Das Gesicht einer Gesellschaft zeigt sich dann, wenn es um den Umgang mit Menschen geht, die unsere Hilfe brauchen. Dazu gehören auch Menschen, die zu uns geflüchtet sind. Diesen Menschen wollen wir helfen und die meisten Menschen in unserer Stadt sehen das genauso. Und auf der anderen Seite steht die überregionale Politik, die eine Unterstützung durch die Stadt Gelsenkirchen zumindest indirekt bestraft. Was ist los in Deutschland? Sieht so Humanität in Deutschland aus?

Die aktuellen Pauschalen spiegeln in keinster Weise die Realität wider. Die Vorgehensweise des Landes NRW, die Dauer des Erstattungszeitraums auf drei Monate zu begrenzen, ist völlig inakzeptabel und die Pauschalen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz müssen endlich dringend auf einen realistischen Betrag angehoben werden. Das ist jedem, der sich auch nur ansatzweise ernsthaft mit der Materie befasst, sofort klar.

Das ist aber nicht nur ein Problem, dass wir mit der NRW-Landesregierung haben. Auch die Groko auf Bundesebene ist hier gefordert. Und auch der Bundesfinanzminister unterstützt die Kommunen bei der Übernahme der Integrationskosten nicht ausreichend. Dies ist die diplomatische Variante der Situationsbeschreibung. Anders ausgedrückt: Der Bundesfinanzminister, der eine drastische Reduzierung der Übernahme der Flüchtlingskosten durch den Bund ins Spiel gebracht hat, heißt Olaf Scholz und ist SPD-Mitglied.

Insofern hätten wir GRÜNEN uns gewünscht, dass wir als Rat der Stadt Gelsenkirchen hier und heute aus der dringend notwendigen und eigentlich selbstverständlichen Übernahme der Integrationskosten kein parteitaktisches Spielchen und keinen vorweggenommen Wahlkampf machen, sondern selbstbewusst und überparteilich von Bund und Land NRW die vollständige Übernahme der Kosten fordern. So wie in der Vergangenheit. Dies wäre keine Bitte, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Aus diesem Grund hat die GRÜNE Fraktion das Angebot der SPD ausgeschlagen, den vorgelegten Antrag gemeinsam mit der SPD zu stellen. Der vorgelegte Resolutionstext ist ziemlich weichgespült und einseitig nur gegen die Landesebene gerichtet, die Bundesebene wird vollständig ausgeklammert. Warum kneift die SPD an dieser Stelle?

Ja, zur Wahrheit gehört auch, dass die rotgrüne Landesregierung in den Jahren 2010 bis 2017 zahlreiche richtige Schritte gegangen ist, aber trotzdem zu wenig bei den Integrationskosten getan hat. Nein, wir fangen an dieser Stelle keine Aufrechnung an, wer nur zu wenig und wer viel zu wenig getan hat. Beides ist unzureichend und falsch. Und wir haben als GRÜNE Fraktion hier in diesem Saal in den letzten Jahren auch das Verhalten der rotgrünen Landesregierung kritisiert. Auch diese hat sich bei der vollständigen Übernahme der Integrationskosten oft genug auch vornehm zurückgehalten.

Und trotz allem werden wir dem Antrag der SPD-Fraktion heute zustimmen. Weil die Aspekte, die der Antrag berücksichtigt, zutreffend sind. Aber es bleiben zahlreiche andere Verantwortliche aus parteitaktischen Gründen mal wieder außen vor. Dies ist absolut keine zufriedenstellende Situation. Es wäre viel mehr möglich gewesen. Und trotzdem ist uns das Thema zu wichtig. Daher werden wir den Antrag nicht ablehnen.

Ein gemeinsames Signal aller demokratischen Fraktionen an allen politischen Ebenen hätten wir uns hier und heute gewünscht. Das wäre ein wirklich starkes Signal gewesen.