Rede der Stadtverordneten Ingrid Wüllscheidt im Rat der Stadt am 10.10.2024 zum TOP 2.7 „Abschaffung der Elternbeiträge in der GE Kinderbetreuung / Kinderbetreuung in GE sichern“

Foto: Anna-Lisa Konrad

Die Rede ist über den offiziellen Livestream der Stadt hier ab ca. 04:01:10 verfügbar.

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, meine Damen und Herren,

die Fraktionen von SPD und CDU und auch wir Grünen haben heute Anträge eingebracht, die die Betreuung von Kindern in unserer Stadt betreffen.

Wie ist es dazu gekommen?

Aus dem Nichts oder auch über Nacht ist den Fraktionen von SPD und CDU eingefallen, dass man den Eltern in Gelsenkirchen doch einfach mal die Gebühren für die Kinderbetreuung in den Kitas und in der Offenen Ganztagesbetreuung erlassen könnte; und das Ganze am besten schon für das laufende Jahr.

Ein vorgezogenes Wahlgeschenk anlässlich der anstehenden Wahlen im Bund und in Gelsenkirchen im nächsten Jahr? Dieser Gedanke kommt dann schon auf!

Oder vielleicht doch ein sachlich und fachlich begründeter Beitrag zur Lösung der zahlreichen Probleme im Bereich der Betreuung von Kindern in unserer Stadt?

Wir Grünen meinen: allenfalls ein Schnellschuss!

Ein Schnellschuss, der sicherlich die Sympathiewerte für SPD und CDU bei der Wählerschaft erhöhen soll. Welche betroffene Familie würde sich nicht darüber freuen?

Allerdings ein Schnellschuss, der eine sachliche und fachliche Begründung für einen solchen Schritt zu dieser Zeit, der schließlich einen nicht unerheblichen Millionenbetrag an Haushaltsmitteln kosten würde, vermissen lässt. Kein Wunder! Gab es ja nicht einmal eine ordentliche Beratung in den Fachausschüssen.

Ein Schnellschuss zu dem wir Grünen sagen: Moment mal, liebe Kolleginnen und Kollegen der Groko!

  1. Haben wir uns nicht gemeinsam vorgenommen, die Versorgungsquote bei den derzeit noch zu wenigen Kita- und OGS-Plätzen weiterhin deutlich zu verbessern. Denn trotz gesetzlichem Anspruch gibt es weiterhin Kinder in unserer Stadt, die in die Grundschule kommen und zuvor nicht einen einzigen Tag eine Kita von innen gesehen haben. Kinder, die dadurch vor der Einschulung häufig kein Wort Deutsch gelernt haben.

Und noch immer sind es vor allem Alleinerziehende (Frauen), die wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten keine auskömmliche Beschäftigung aufnehmen können.

  • Und ist es nicht dringend erforderlich, die Vergütung von Fachpersonal in diesen Einrichtungen zu verbessern. Dafür sollte einer Erhöhung der Entgeltgruppe geprüft werden. Gute Bezahlung ist natürlich nicht der einzige, aber ein sehr wichtiger Baustein bei den Bemühungen mehr Fachpersonal in den bestehenden Einrichtungen zu haben und neue Einrichtungen mit Fachpersonal auszustatten.
  • Und ist es nicht so, dass die Familienzentren deutlich mehr Angebote für nicht versorgte Kinder (z.B. Spielgruppen) machen könnten, wenn sie über mehr finanzielle Mittel verfügen würden. So könnten diese wenigstens ein bisschen Frühförderung erhalten.
  • Und ist es nicht auch so, dass Tagesmütter und -väter in dieser Stadt mit der in Gelsenkirchen derzeit gezahlten Vergütung nicht über die Runden kommen und deshalb zwangsläufig lieber Kinder aus den Nachbarstädten betreuen.

Geld wird also an zahlreichen Stellen dringendst benötigt!

In solch einer Situation mal eben so die Gebühren für Kita und OGS in einem Schnellschuss abschaffen zu wollen, halten wir für wenig professionell!

Natürlich sind auch wir Grünen der Meinung, dass der Staat nicht nur den Schulbesuch an sich, sondern auch die damit verbundenen Betreuungsnotwendigkeiten in der OGS und die vorschulische Bildung in den Kitas vollumfänglich finanzieren sollte.

Aber ist das jetzt wirklich der nächste Schritt, um die eben genannten Probleme anzugehen?

Es bleibt eine Frage der politischen Bewertung. Ist es wichtiger jetzt die Kitagebühren abzuschaffen oder die anderen Mängel anzugehen. Diese Entscheidung sollten wir erst dann hier in diesem Rat treffen, wenn sie sachlich unterfüttert werden kann.

Weil es aber um eine Menge Geld geht, sollten wir das nicht auf der Grundlage von Schnellschüssen verausgaben.

Und weil ich davon ausgehe, dass auch sie die zahlreichen Herausforderungen sehen und für deren Lösung einstehen, müssen wir darüber nicht streiten.

Wir streiten derzeit allerdings über die Prioritätensetzung!

Lassen wir doch die Verwaltung und anschließend die Fachausschüsse darüber befinden, welche Prioritätensetzung aus fachlicher, finanzieller und rechtlicher Sicht dort gesehen wird.

Wir halten es für richtig, dass die Verwaltung die jeweiligen Anliegen aus dem Antrag von SPD und CDU sowie unseren ersten Antrag aufgreift und prüft und Vorschläge zur Umsetzung – auch der zeitlichen – macht.

Der Hauptausschuss hat dazu schon Beschluss gefasst und wir werden uns an dieser hoffentlich sachlichen Debatte gerne beteiligen.

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