Rede zur „Grünen Insel“ an der Dessauerstraße

Foto: Anna-Lisa Konrad

Rede von Burkhard Wüllscheidt in der Ratssitzung am 09.12.2021
Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste auf der Tribüne,

heute steht die Beschlussfassung über den Entwurf eines ersten Bebauungsplanes für den Gewerbebereich an der Dessauerstraße an. In der Bezirksvertretung Süd ist der Entwurf einstimmig bei Enthaltung der SPD abgelehnt worden. Sehr viele Anwohner*innen und der dort ansässige Reitverein laufen Sturm gegen diesen Bebauungsplanentwurf. Zuletzt am vergangenen Samstag mit einer Demonstration von über 150 Teilnehmer*innen!

Warum hat sich diese breite Front der Ablehnung gebildet?

Wie hängt das mit dem vorliegenden Bebauungsplan-Entwurf 437 zusammen?

Die grüne Ratsfraktion sieht das so:

Die gewerbliche Bebauung in diesem Bereich ist in den letzten Jahrzehnten lediglich nach den Zulässigkeitsregeln des § 34 des Baugesetzbuches entstanden. Von einer durchdachten Steuerung dieser Entwicklung mit unterlegten Zielen einer weitsichtigen Stadtplanung konnte bisher nicht die Rede sein. Massive Altlastenproblematiken mit teilweise über 100-jähriger Geschichte schlummern dort zudem vor sich hin.

Allerdings war bereits im Jahre 2005 von uns – dem Rat – einstimmig ein Freiraumentwicklungskonzept beschlossenen worden. Bereits in diesem Konzept ist innerhalb dieses Bereiches eine Fläche von rund 18.000 qm als eine der Grünen Inseln Ückendorfs mit hoher Bedeutung für Klima und Umwelt identifiziert worden. Zur weiteren Entwicklung und zum planungsrechtlichen Schutz dieser Grünen Insel ist allerdings bis heute nichts passiert.

Diese „Grüne Insel“ wurde bzw. wird durch einen Reitverein und einen Fußballverein genutzt.

Die Verwaltung hatte vor diesem Hintergrund zuletzt dem Rat 2019 einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan vorgelegt. Der Aufstellungsbeschluss war mit dem Ziel verbunden, in diesem Bereich auf der Grundlage unseres Einzelhandelskonzeptes und rechtlicher Vorgaben nach dem Planungsrecht des Landes NRW die Ausweitung der dort vorhandenen Einzelhandelsunternehmen zum Schutz der Zentren und Nebenzentren zu unterbinden.

In der Zwischenzeit nach diesem Aufstellungsbeschluss wurde bekannt, dass der auf der Grünen Insel ansässige Fußballverein seinen Fußballplatz dort aufgeben will. Das war und ist die Voraussetzung dafür, dass die Grundstückseigentümerin der gesamten Grünen Insel (die BEV, eine Gesellschaft zur Verwaltung des Bundeseisenbahnvermögens), das also diese BEV das Gelände europaweit zum Verkauf anbieten will.

Öffentlich bekannt wurde gleichzeitig auch das Interesse eines örtlichen Inverstors auf dem Bereich des Fußballplatzes ein vornehmlich gewerblich genutztes Gebäude zu errichten. Das hat die Alarmglocken bezüglich der Grünen Insel bei Anwohner*innen und Reitverein klingen lassen. Nicht jedoch in der Verwaltung. Der öffentliche Eindruck war eher, dass in erster Linie der Plan des Investors für eine überwiegend gewerbliche Bebauung positiv begleitet wurde – zumindest von der Wirtschaftsförderung.

Die Grüne Fraktion teilt die Sicht des Reitvereins und der Anwohner*innen, dass ein solcher Betrieb konträr zu dem Schutzgedanken unseres Freiraumentwicklungskonzeptes aus 2005 steht! Ein solcher Betrieb könnte zudem ganz erhebliche Verkehrs-, Lärm- und Geruchsbelastungen auf der engen und jetzt schon überlasteten Dessauerstraße und für die dortigen Anwohner*innen mit sich bringen. Rechtliche Abstandserfordernisse könnten -nicht nur nach unserer Einschätzung- kaum eingehalten werden.

Nicht konträr gegen die Ziele unseres Freiraumentwicklungskonzeptes zur Grünen Insel stünde allerdings der Plan des dort verbliebenen Reitvereins! Der Reitverein will den Grundstücksbereich des Fußballplatzes zukünftig mitnutzen und dabei die Grüne Insel ökologisch aufwerten. Und das ganz ohne zusätzliche Bebauung. Damit würde gleichzeitig, die für Ückendorf unbestritten wertvolle Arbeit des Reitvereins insbesondere im Kinder- und Jugendbereich für die Zukunft gesichert.

Das alles haben Reitverein und Anwohner*innen auch in schriftlichen Eingaben an die Verwaltung im Rahmen der frühzeitigen öffentlichen Beteiligung zum Vorentwurf des Bebauungsplanes deutlich gemacht.

In dem Bebauungsplanentwurf wird noch nicht einmal auf die Eingaben aus der Bürger*innenschaft näher eingegangen. Begründet wird das damit, dass in diesem Bebauungsplanverfahren nur die Einzelhandelsproblematik bearbeitet würde. Das ist ja richtig. Und das Anliegen die Einzelhandelsproblematik so zu lösen teilen wir ja auch. Allerdings nicht die Nichtbehandlung der Einwendungen.

Denn die Probleme in diesem Bereich bestehen offensichtlich nicht nur in der Einzelhandelsproblematik. Ebenso muss das Problem der drohenden Bebauung der Grünen Insel gelöst und deren Altlastenproblematik angegangen werden.

Was heißt das für die grüne Ratsfraktion konkret? Wir haben dazu einen 4-Punkte-Plan entwickelt:

  1. Eine Bebauung des ehemaligen Fußballplatzes muss verhindert werden.
  2. Die Grüne Insel muss als Freiraum geschützt und von weiterer Bebauung freigehalten werden.
  3. Die Altlasten dort müssen hinsichtlich ihrer Gefahren und der denkbaren Optionen zu Ihrer Sicherung untersucht werden.
  4. Das Planungsrecht muss in diesem Sinne über den heute vorliegenden Bebauungsplan-Entwurf hinaus weiterentwickelt werden. Dazu muss ein Aufstellungsbeschluss für ein weiteres Bebauungsplanverfahren mit diesen Zielen vorbereitet werden.

Soweit unser 4-Punkte-Plan.

In diesem Verfahren kann dann in Ruhe geklärt und planungsrechtlich abgesichert werden, wie dieser Freiraum von weiterer Bebauung freigehalten und zukünftig als Freiraum genutzt werden kann und sollte.

Die Ideallösung wäre dabei für die grüne Ratsfraktion eine ausgeweitete Nutzung durch den Reitverein und ökologische Aufwertung der Grünen Insel insgesamt. Das hängt aber eben auch von der Lösung der Altlastenproblematik ab!

Wenn der Konflikt zwischen Anwohner*innen und Reitverein gelöst werden soll, müssen wir diesen Weg verbindlich zusichern. Hierfür die erforderlichen zu dem heutigen Verfahren dann parallelen Schritte einzuleiten, dazu haben wir bzw. die Verwaltung noch etwas Zeit. Nicht unendlich aber zumindest bis zur Verabschiedung des Satzungsbeschlusses des heute vorliegenden Bebauungsplanentwurfes, also bis zum Frühjahr nächsten Jahres. Passiert das, haben wir auch kein Problem dann der Satzung zuzustimmen.

Heute werden wir dem Entwurf nicht zustimmen können, weil bisher keine Bereitschaft zu erkennen ist, die Einwendungen der Anwohner*innen und des Reitvereins ernst zu nehmen.

Es gibt also -wie gerade schon ausgeführt- Auswege aus dieser verfahrenen Situation!

Ich habe bereits im Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss dazu aufgerufen:

Lassen Sie uns gemeinsam nach einer Lösung in diesem Sinne suchen und absichern. Dann wird der Reitverein und die Anwohner*innen sich ernst genommen fühlen und die grüne Ratsfraktion auch dem Satzungsbeschluss zu BPlan 437 im Frühjahr zustimmen können.