Antwort auf den offenen Brief von Fridays for Future

Wir schätzen als Partei den offenen und gerne auch kontroversen Austausch. Wir stellen uns auch Kritik und beantworten hiermit den offenen Brief von Fridays for Future an uns.

Liebe Fridays for Future Aktivist*innen,

eine Koalition ist immer ein Kompromiss und in diesen Verhandlungen haben zwei unterschiedliche Parteien versucht aufeinander zuzugehen und sich zu einigen. Das Ergebnis werdet ihr im Koalitionsvertrag lesen können. Auf grüner Seite werden unsere Delegierten entscheiden müssen, ob dieser Kompromiss für uns als Partei gangbar ist. Die Delegiertenkonferenz, auf der dies entschieden wird, findet in einer Woche am 25-26. Juni statt.
Als Politik sind wir auf zivilgesellschaftliches Engagement angewiesen und brauchen den Druck von außen. Daher begrüßen wir den offenen Brief von FfF Gelsenkirchen sehr und sind froh, euch als Kämpfer*innen für einen konsequenten Kohleausstieg und Klimaschutz an unserer Seite zu wissen.

Der offene Brief von FfF:

„Liebe Gelsenkirchener Grüne,

nach den Landtagswahlen Mitte Mai haben CDU und Grüne beschlossen, gemeinsam eine Koalition zu bilden, um künftig die Landesregierung zu stellen. Allein diese Entscheidung finden wir fragwürdig, da die CDU besonders in NRW in den letzten Jahren den Klimaschutz an vielen Stellen ausgebremst hat (Datteln IV, Hambacher Forst…). Nun ist es aber eingetreten und es wird an einem Koalitionsvertrag gearbeitet.

Das Sondierungspapier vom 27. Mai 2022 weist aus unserer Sicht allerdings viele Schwachstellen und Unzulänglichkeiten beim Klimaschutz auf. 

Mit Blick auf die derzeit stattfindenden Verhandlungen und den anstehenden Parteitag am 25. Juni wenden wir uns daher mit einem Appell an Sie:

Wir als junge Menschen, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzen, fordern Sie auf, bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU mehr Druck für Klimaschutz zu machen. Im bisherigen Entwurf scheint es so, als hätte sich in vielen Punkten die CDU durchgesetzt. Hier sind einige Punkte, die wir besonders kritisch finden.

Das Dorf Lützerath liegt am Braunkohletagebau Garzweiler und ist akut von den Baggern von RWE bedroht. 

Schon in diesem Herbst möchte der Konzern das Dorf samt dem Hof von Landwirt Eckhardt Heukamp, einem Wäldchen und dem Protestcamp der Klimabewegung abreißen, um die Braunkohle unter dem Dorf abzubauen.

Noch im Herbst 2021 setzten sich auch die Grünen in NRW für den Erhalt des Dorfes einund auch viele Grüne beteiligten sich an den Demonstrationen vor Ort.

Laut Sondierungspapier möchte die zukünftige Koalition die restlichen Dörfer, die vom Tagebau bedroht sind, retten – von Lützerath ist allerdings keine Rede. Stattdessen wird auf der Website der Grünen NRW dreist behauptet, Lützerath wäre nur ein Symbol und dass es für das Klima keinen Unterschied macht, ob das Dorf abgebaggert wird. Damit ziehen Sie nicht nur das Engagement der Klimaaktivist*innen ins Lächerliche, sondern blenden maßgeblich Fakten aus, zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) doch, dass der Kohleabbau unter Lützerath die Einhaltung der 1,5 Grad-Grenze unmöglich macht. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat zwar entschieden, dass RWE das Grundstück von Landwirt Heukamp abbaggern darf, aber konkret mit dem Verweis, dass die Politik gefragt ist. Wenn nun also die Politik sich mit dem Verweis auf die Gerichtsentscheidung aus der Verantwortung zieht, ist das in unseren Augen mehr als zynisch.

Wir fordern, dass Lützerath erhalten bleibt und nicht für den Profit von RWE zerstört wird!

Das im Januar von CDU und FDP verabschiedete Versammlungsgesetz, wurde von vielen Seiten, unter anderem der Klimabewegung, kritisiert, da es Versammlungen einschränkt, der Polizei mehr Rechte einräumt und härtere Strafen für Demonstrierende einführt.

Auch die Grünen in NRW haben das Gesetz damals stark kritisiert. Im Sondierungspapier steht nun, dass das Gesetz bestehen bleiben soll und in Zukunft lediglich „evaluiert“ wird. Dies zeigt nicht nur eine gewisse Doppelmoral, sondern ist auch ein Schlag für den legitimen Protest, der von diesem Gesetz eingeschränkt und kriminalisiert wird!

Auch die Maßnahmen für den Bereich Mobilität sind noch unzureichend, denn es werden akute Lösungen gebraucht. Die Hauptbahnachsen sind immer noch überlastet, konkrete Bauvorhaben brauchen lange zur Fertigstellung und das von den Grünen im Wahlprogramm vorgeschlagene und nötige S-Bahn-Netz taucht im Koalitionsentwurf nicht auf. Um nachhaltig ländliche Regionen an bestehende Netze zu erschließen, wird ein massiver Bahnstreckenausbau mit Elektrifizierung und passenden Fahrzeugen benötigt, der auch fehlt.

Insgesamt gibt es viele Themen, besonders beim Klimaschutz, die aus unserer Sicht in dem Entwurf bisher zu kurz kommen. Das 2020 ans Netz gegangene Kohlekraftwerk Datteln IV, das ohne Genehmigung erbaut wurde, wird z.B. gar nicht erwähnt.

Von einer Partei, die sich Umweltschutz und Kampf gegen die Klimakrise auf die Fahnen schreibt, darf die Bevölkerung erwarten, dass mehr passiert. Werfen Sie nicht ihre Werte über Bord! Sie haben nun die Chance die NRW-Landesregierung mitzugestalten und das in einer alles entscheidenden Zeit. Wir müssen JETZT auf die Klimakrise reagieren. 

Von der CDU NRW sind wir es mittlerweile gewohnt, dass Klimaschutz auf der Strecke bleibt. Beweisen Sie, dass Sie anders sein wollen und schenken Sie den Bürger*innen damit ein wenig Hoffnung, dass sich Flutkatastrophen wie im Ahrtal, Tornados wie in Paderborn oder extreme Hitzewellen sich nicht im Alltag manifestieren.

Daher fordern wir von Ihnen: Setzen Sie sich jetzt für vernünftigen Klimaschutz in NRW ein! Wir appellieren besonders an die Politiker*innen aus Gelsenkirchen, die für die Grünen in den Verhandlungen sitzen, ihre Position zu nutzen. Gerade Irene Mihalic und Ilayda Bostancieri könnten im Bereich „Inneres“ beispielsweise mehr Druck beim Thema Versammlungsgesetz machen.

Und falls der finale Entwurf keine signifikanten Verbesserungen aufweist, fordern wir Sie auf, bei Ihrem Parteitag am 25. Juni dagegen zu stimmen, anstatt der CDU klein beizugeben.

Bitte denken Sie an unsere Zukunft und den Klimaschutz!

Mit freundlichen Grüßen

Fridays for Future Gelsenkirchen“