Rede unserer stellvertretenden Fraktionsverordneten Ilayda Bostancieri in der Ratssitzung am 24.03.2022

Foto: Anna-Lisa Konrad

TOP 1.1 Resolution zur Solidarität mit der Ukraine – Gelsenkirchen steht zur europäischen Verantwortung

[Anrede]

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine erschüttert uns zutiefst und wir stehen solidarisch an der Seite aller Flüchtenden und Geflüchteten aus der Ukraine, unabhängig von ihrer Nationalität, Herkunft, Religion und geschlechtlichen und sexuellen Identität. Und wir stehen solidarisch an der Seite all jener, denen aufgrund ihrer Herkunft die Flucht erschwert wird und all jener, die aufgrund ihres Geschlechts oder falschen Geschlechtseintrags nicht fliehen dürfen und kämpfen müssen.

Es ist der erste Krieg in Europa seit 2008 (5-tägiger Krieg, Georgien) und eine Eskalation des seit 2014 in der Ostukraine tobenden Krieges. Und doch sind wir überrascht, dass es überhaupt so weit kommen konnte.

Nun spreche ich sehr bewusst nicht von „Putins“ Krieg, obwohl er und die russische Regierung die treibende Kraft und Hauptverantwortliche für diesen Krieg und die vielen Toten sind. Es gibt viele mutige Aktivist*innen und große Teile der russischen Zivilgesellschaft, die, trotz drohender Verfolgung und Inhaftierung, entschlossen gegen den Krieg demonstrieren. Diese gilt es so gut wir können zu unterstützen und zu schützen, aber Putin steht nicht allein da und hat in seiner Regierung und eben auch in Teilen der russischen Bevölkerung Befürworter*innen und Unterstützer*innen. Wer Pro-Putin ist, weiß genau, was sie*er macht, und etwas anderes zu behaupten ist bevormundend und gefährlich und den Oppositionskräften gegenüber mindestens beleidigend.

Nun bin ich wirklich froh, dass wir gemeinsam mit der SPD, FDP und CDU, eine für uns tragfähige Resolution auf den Weg bringen werden, die unserem Willen zu unterstützen, unserem Dank an alle Freiwilligen, Haupt- und Ehrenamtlichen und einer klaren Aufforderung an Landes- und Bundesregierung, Ausdruck verleiht. Und ich freue mich sehr, dass die anderen Parteien diesen Krieg und diese Fluchtbewegung glücklicherweise als kommunalpolitisches Thema anerkannt haben und wir nun gemeinsam agieren können.

Unser Dank richtet sich ausdrücklich an alle Gelsenkirchener Initiativen und Bürger*innen, die in den vergangenen Wochen unterstützt haben, wo sie nur konnten. Spenden gesammelt und sortiert, Hilfskonvoys geschickt und hier Angekommene bei Behördengängen begleitet haben. Und unser Dank richtet sich auch an die Verwaltung, die hervorragende Arbeit, besonders in der Koordinierung der Hilfen, leistet.

Es ist dafür Sorge zu tragen, dass vulnerable Personen, besonders Kinder und Jugendliche, sicher untergebracht werden, um sie vor Missbrauch zu schützen.

Aber Gelsenkirchen kann diese große Aufgabe nicht allein stemmen. Grade für eine überschuldete Kommune wie die unsere ist dringend eine finanzielle Entlastung nötig. Dafür appellieren wir an die Landes- und Bundesregierung. Weiterhin bedarf es dringend eines Konzepts bzgl. der Verteilung der Geflüchteten und es ist noch unklar, wie der Mehrbedarf an Schul- und Kitaplätzen, an pädagogischem und Lehrpersonal überhaupt organisiert werden soll. Die Betreuung und Beschulung geflüchteter Kinder und Jugendlicher hat eine hohe Priorität, denn nach all dem Schrecken ist das Mindeste, das wir ihnen anbieten müssen, ein Stück Alltag und Normalität, in einer Situation, die alles andere als normal ist.

Diese Resolution ist ein Kompromiss, der kleinste gemeinsame Nenner, auf den wir uns einigen konnten. Uns GRÜNEN geht sie leider nicht weit genug, aber das bringen Kompromisse eben mit sich.

Wir begrüßen es sehr, dass Geflüchteten aus der Ukraine der Aufenthalt in Deutschland und eben auch in Gelsenkirchen erleichtert wird, dass sie bspw. kostenfrei den ÖPNV nutzen dürfen und freien Eintritt in die Zoom-Erlebniswelt und die Gelsenkirchener Bäder haben.

Wir würden uns aber wünschen, dass geprüft würde, ob all diese Maßnahmen nicht auf alle Geflüchteten auszuweiten sind. Gesellschaftliche Teilhabe, nach traumatischen Erlebnissen in Kriegs- und Krisengebieten, ist enorm wichtig fürs Ankommen. Unabhängig davon, woher und wovor man geflohen ist, unabhängig davon, ob man aus Europa kommt oder nicht und unabhängig davon, ob man weiß ist oder nicht.

#leavenoonebehind gilt weiterhin, bedingungslos. Und ich wiederhole das, was ich in der letzten Ratssitzung gesagt habe gerne: Wir haben Platz.

Wir haben Platz und wir stehen als GRÜNE Ratsfraktion deutlich an der Seiter aller Geflüchteter.