Rede des Fraktionsvorsitzenden Peter Tertocha im Rat der Stadt am 28.09.2023 zu TOP 4 „Neubau des Zentralbades“

Foto: Anna-Lisa Konrad

Die Rede ist über den offiziellen Livestream der Stadt hier verfügbar und beginnt etwa bei 5:41:20.

Es gilt das gesprochene Wort.

Das neue Zentralbad in Gelsenkirchen – viele hatten in der Vergangenheit das Gefühl, dass es sich zu einer unendlichen Geschichte entwickelt. Seit fast einem Jahrzehnt wird in Gelsenkirchen über das Bäderkonzept für die nächsten Jahrzehnte diskutiert und mindestens von 2016 bis 2019 waren es heftige und kontroverse Debatten. Die grüne Position war von Anfang klar und deutlich:

1. Die Bäderlandschaft in Gelsenkirchen muss in ihrer Struktur erhalten bleiben.

2. Standortschließungen sind mit uns nicht zu machen.

3. Freizeit-, Vereins- und Schulschwimmen müssen genügend Zeiten erhalten.

So einfach kann es sein. Aber mehrere Schnapsideen wurden in dieser Zeit ernsthaft in Spiel gebracht. Die damalige SPD-Fraktion wollte das Sportparadies im Berger Feld schließen und auf das Hornbach-Gelände an der A 42 verlegen. Im Gegenzug sollte das „Zentralbad“ weiter in den Süden zum Revierpark Nienhausen verlegt werden. Unterm Strich hätten wir dann ein Bad weniger in Gelsenkirchen und ein „Zentralbad“ wenige hundert Meter von der Stadtgrenze mit Essen gehabt. Es gab für diese skurrilen Überlegungen mit letztendlich einem Bad weniger in Gelsenkirchen sogar schon ein fertiges Kommunikationskonzept, dass die Stadtwerke hatte erstellen lassen. So viel zum Thema: „Das waren doch nur unverbindliche Überlegungen.“

Natürlich kann man jede Debatte ergebnisoffen führen, aber es muss doch nicht jede Schnapsidee inhaltlich geprüft werden. Oder wollte da eine Partei damals ihre Qualitäten als Spaßpartei austesten? Wenn ja, dann ist das kläglich gescheitert, auch weil diese Vorschläge nun wirklich nicht besonders gelungen waren. Und wir als GRÜNE stehen dafür, solchen Unsinn auch so zu benennen.

Zum Glück kehrten auf grüne Initiative (nur zur Erinnerung: Wir als Grüne Fraktion haben SPD und CDU damals eingeladen, damit eine gemeinsame und vernünftige Lösung gefunden wird) dann endlich wieder etwas Vernunft und Seriosität in die politische Debatte ein und kurz vor der Kommunalwahl 2020 wurde hier im Rat der Stadt Gelsenkirchen endlich ein Bäderkonzept unter anderem mit einem neuen Sportparadies im Berger Feld und einem Zentralbad in zentraler Lage beschlossen. Also genau das, was die Grüne Fraktion von Anfang an gefordert hat. Das hätten wir alles auch schneller haben können.

Heute gehen wir nun ersten konkreten Schritt: Die konkrete Planung des Zentralbads soll endlich beschlossen werden und es wird ziemlich sicher eine breite Mehrheit dafür geben, dass im nächsten Jahr mit den Arbeiten begonnen wird und wir im Jahr 2026 die Eröffnung feiern können.

Und ja, wir stehen auch zu dem Versuch, die Hochschule für Polizei und Verwaltung an diesem Standort zusätzlich zum Zentralbad anzusiedeln. Dafür mussten wir den schweren Schritt mitgehen, dass das alte Zentralbad vorzeitig geschlossen und abgerissen wird. Ansonsten wäre ein Bau einer neuen Hochschule nicht im angesetzten Zeitrahmen möglich gewesen. Es hat mit der Hochschule für Polizei und Verwaltung nicht geklappt. Wir bedauern dies und haben gleichzeitig kein Verständnis für die Parteien, die im Nachhinein immer alles besser wissen und meinen, dass Gelsenkirchen es gar nicht hätte versuchen sollen.

Geradezu absurd sind die Aussagen, dass wir das alte Zentralbad einfach hätten sanieren können. Da wir als Grüne Fraktion für seriöse und nachhaltige Politik stehen, haben wir uns damals das alte Zentralbad im Detail angeschaut. Nicht sitzend und diskutierend auf der Tribüne, sondern detailliert in allen Bereichen, auch hinter den Kulissen. Und für all die, die es nicht gemacht haben: Wir waren entsetzt über den Zustand und die vernachlässigten Investitionen im Zentralbad. Ob eine Sanierung überhaupt noch möglich gewesen wäre, ist die erste Frage. Finanziell günstiger als ein Neubau wäre eine Sanierung auf jeden Fall nicht gewesen und das Zentralbad wäre dann auch über einen sehr langen Zeitraum geschlossen gewesen.

Ein besonderes Lob geht von der grünen Fraktion an die heute zuständigen Personen in der Verwaltung, bei den Stadtwerken und bei Gelsensport. Der gesamte Prozess zum jetzigen Modell war offen und transparent und es wurden im besonderen Maße die Interessen der Sportvereine an der Ausstattung berücksichtigt. Eine Bitte an die Verwaltung: Bitte bedanken sie sich nicht zu früh für das Lob beim Zentralbad, die Kritikpunkte in Sachen Transparenz folgen noch im Rahmen dieses Redebeitrags. Bitte haben sie noch ein paar Minuten Geduld.

Die Debatte zu den Bädern muss aber weitergehen. Und der nächste Schritt muss sein, dass die Entscheidungen zum neuen Sportparadies zügig getroffen werden. Wir wollen mit dieser Diskussion nicht warten bis das Zentralbad eröffnet wird. Diese Debatte muss vorher geführt, das ganze Bäderkonzept muss ein kontinuierlicher Prozess sein.

Wir GRÜNEN gehen mit klaren Überlegungen in diese Diskussion und gehen natürlich auch davon aus, dass am Ende dieses Ergebnis steht.

  1. Das neue Sportparadies im Berger Feld, das im nächsten Jahr auch schon 40 Jahre alt sein wird, muss so gebaut werden, dass sowohl dem Freizeit- und Schulschwimmen als auch dem Vereinsschwimmen die notwendigen zeitlichen Kapazitäten geschaffen werden.
  2. Wir erteilen den pauschalen Überlegungen einiger Beteiligter, dass ein 50-Meter-Becken für Gelsenkirchen doch ausreichend wäre und damit im neuen Sportparadies jetzt vom Tisch wäre, eine klare Absage. Das ist ein netter Versuch, aber doch ziemlich plump.
  3. Wir diskutieren dies inhaltlich und am Bedarf orientiert. Und diese Faktoren müssen nach unseren Vorstellungen letztendlich entscheiden, welche Ausstattung das neue Sportparadies haben muss. Und die Ausgangssituation ist momentan so, dass die aktuelle Beschlusslage ein 50-Meter-Becken und eine vernünftige und bedarfsorientierte Ausstattung im neuen Sportparadies vorsieht.
  4. Wir erwarten von den Stadtwerken und der Verwaltung der Stadt Gelsenkirchen im nächsten Jahr erste konkrete Schritte zur Konzeption des neuen Sportparadieses im Berger Feld.

Kommen wir an dieser Stelle zum Abschluss noch zu einem Thema, das auch mit dem Zentralbad zusammenhängt: dem Bildungscampus.

Und hier kommen wir auch zu einem Politikstil, der anders als beim Zentralbad ziemlich wenig mit Transparenz zu tun hat. Wir haben kurz nach der für Gelsenkirchen negativen Entscheidung zur Hochschule für Polizei und Verwaltung einen mehr als groben Entwurf für einen Bildungscampus mit einigen halbwegs hübschen Bildern bekommen. Und dann? Irgendwas zwischen wenig und nichts.

Es ist auch ganz nett, dass die Verwaltung von einem ergebnisoffenen Prozess spricht, aber ergebnisoffen bedeutet für uns auch, dass die Stadtgesellschaft wie beim Zentralbad mitgenommen wird und nicht einzelne Strukturen vorab festgelegt werden. Was bedeutet aber „ergebnisoffen“ für die Spitze der Verwaltung in der Stadt Gelsenkirchen? Erinnert irgendwie so ein bisschen an die alte Gelsenkirchener Werbekampagne aus dem letzten Jahrtausend: Der Name war damals übrigens „Typisch Gelsenkirchen“.

Um konkret zu werden hier eine Frage an die zuständige Beigeordnete der Stadt Gelsenkirchen: Wann sollen die Entscheidungen bzw. die Vorbereitungen zum Bildungscampus denn getroffen werden? Antworten gerne gleich.

Nach unseren Vorstellungen sollte dies ein Prozess sein, so wie bei der heutigen Entscheidungsvorlage zum neuen Zentralbad. Den Eindruck haben wir momentan noch nicht einmal ansatzweise. Vor gut vier Monaten hat die Stadt Gelsenkirchen erste Überlegungen ohne Einbeziehung der Politik der Öffentlichkeit mitgeteilt. Und seitdem hören wir fast nichts mehr zum Bildungscampus. Also, wann soll der Prozess starten?

Aber zurück zum Zentralbad: Die für die heutige Sitzung vorgelegte Vorlage findet die volle Zustimmung der Grünen Fraktion. Verbunden mit einem herzlichen Dank an all die, die uns in den letzten Jahren in der Debatte zum Bäderkonzept massiv unterstützt haben. Wir freuen uns über unseren Erfolg und sind zuversichtlich, dass wir auch die nächsten Schritte erfolgreich absolvieren werden.